Discussion:
Anarchie.
(zu alt für eine Antwort)
David Dahlberg
2004-11-16 19:41:59 UTC
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[Fullquote wg. X-Post]
In der Kinderserie "Morgenschon" wird ein anarchistisches Weltbild
vermittelt. "Morgenschon" spielt "danach".
Interpretiere ich "danach" richtig als postapokalyptisch?
Die Menschen müssen sich
selbst organisieren. Jede Kommune ist ein eigenes Land mit intern
demokratisch abgestimmten Prinzipien. Betritt ein Mensch ein anderes
Land, gelten die dortigen Regeln. Das Kapital ist vollständig
vergesellschaftet.
Was genau ist hier gemeint mit "vergesellschaftet"?
Eine neues Gespenst, eine "Gesellschaft", die anstelle des Staates
quasi-staatlich über das Kapital herrscht ist alles andere als
Anarchie (Nicht-Herrschaft). Sie wäre bloß Kalif anstelle des
Kalifen, nenn es Kommunismus :-)
Die Zimmer, Wohnungen und Werkstätten werden
abgesprochen aufgeteilt. Es erinnert sehr stark an anthroposophische
Gemeinschaften oder Kibbuzim. Doch es gibt in "Morgenschon" auch kein
Geld mehr für einen Handel.
Ein Anarchist hat nicht zwangsläufig etwas gegen Geld als
stückelbares generelles Tauschobjekt. Er hat allerhöchstens was
gegen das staatliche Monopol darauf.

An sonsten ist das Wesen des Geldes sowieso eher transzendentaler
Natur: an sich ist es nichts, es funktioniert aber -- so lange daran
geglaubt wird.
Die Gespräche innerhalb der Kommunen geben
zum Nachdenken. Sind die Gespräche über dekonstruktives Verhalten
letztendlich konstruktiv. Der Kernpunkt der Anarchie wurde in
"Morgenschon" definitiv erfaßt.
Ist Schumpeter deswegen gleich ein Anarchist?
Die Vernetzung von Anarchie und
Kommunismus wird hier derart deutlich wie nirgends.
-v please.

Bitte verwechsle nicht Anarcho-Syndikalismus mit Anarchie per se.
Die Dialoge
erinnern an die Auseinandersetzungen während des Kalten Krieges
zwischen den Falken und der FDJ. Intern realisiert jedes Land bei
"Morgenschon" den demokratischen Zentralismus als Einparteiensystem.
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
unter anderem die Existenz apriorischen Wissens. Wie bringst du das
mit Anarchismus in Zusammenhang?
Die Zusammenkunft der Länder erfolgt über Komitees und Delegierte.
Gerüchteweise glauben die meisten Anarchisten nicht an Länder ;-)
"Morgenschon" wurde von dem ZDF nur einmal ausgestrahlt und nicht mehr
wiederholt. Systemtheoretisch präsentiert "Morgenschon" die
wunschgemäße antikapitalistische Gesellschaft, wie diese sein soll.
Oh, Anarchie kann aber durchaus sehr kapitalistisch aussehen.
Genaugenommen liegen Liberalismus (bzw. Libertarismus) und Anarchie
gar nicht so weit auseinander. Du verwechselst das wahrscheinlich
nur mit dem der populären Theorie führender Wirtschaftsmenschen --
dem *Opportunismus*:
Wir wollen den Staat da, wo er uns bezahlt, beschützt, absichert und
als Zentralorgan unsere Interessen (durch Zwang auf andere) ausüben
kann, da wo WIR durch ihn eingeschränkt werden und zahlen sollen,
soll er sich aber gefälligst raushalten.
Der Bezug zu dem Thema "Zensur" besteht darin, dass Anarchie eine fast
völlig zensierte Gesellschaftswissenschaft ist.
Wer sollte denn bitteschön wen zensieren?
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
Ein anarchistisches
Gesellschaftsideal wird teilweise von der Bevölkerung selbst
erwünscht, aber nur selten radikalisiert. Die Ablehnung des
Überwachungsstaates ist vergleichbar groß wie die Ablehnung der
Selbstjustiz.
X-Post&F'up2dasa, weil dort besser aufgehoben.
David
Wolfgang Schindler
2004-11-17 12:51:28 UTC
Permalink
Post by David Dahlberg
Was genau ist hier gemeint mit "vergesellschaftet"?
Vergesellschaftet ist hier das Ideal der autonomen Szenen. "Wir
brauchen keine Hausbesitzer, denn die Häuser gehören uns.". Rio
Reiser konnte danach aus der DKP austreten.
Post by David Dahlberg
Eine neues Gespenst, eine "Gesellschaft", die anstelle des Staates
quasi-staatlich über das Kapital herrscht ist alles andere als
Anarchie (Nicht-Herrschaft). Sie wäre bloß Kalif anstelle des
Kalifen, nenn es Kommunismus :-)
Die Anarchisten wollen eine antikapitalitische, aber keine
zentralistische Gesellschaft. Ich selbst differenziere in der Frage
nach einem Zentralismus. Gibt zentralistisch ein soziales System den
notwendigen Halt und die Grundversorgung, geht das in Ordnung. Doch
sowohl die DDR wie auch die Bundesrepublik begehen Indoktrination:
der Input zeigt Ähnlichkeit mit dem Output. Derzeitig müssen die
Schulbücher abgeändert werden. Der EU-Konvent schreibt als neue
Verfassung die "offene Marktwirtschaft" vor, ohne ein soziales System
zu fixieren. Die alten Schulbücher haben noch von der sozialen
Marktwirtschaft erzählt. Das Märchen hätte in einigen Jahren ohnehin
niemand mehr geglaubt.
Post by David Dahlberg
Ein Anarchist hat nicht zwangsläufig etwas gegen Geld als
stückelbares generelles Tauschobjekt. Er hat allerhöchstens was
gegen das staatliche Monopol darauf.
An sonsten ist das Wesen des Geldes sowieso eher transzendentaler
Natur: an sich ist es nichts, es funktioniert aber -- so lange daran
geglaubt wird.
Ist Schumpeter deswegen gleich ein Anarchist?
-v please.
Wer ist Schumpeter wirklich? Möglicherweise handelt es sich um die
Deutschland AG. Diese ist nur in sich selbst eine Anarchie. Diese
Deutschland AG hat in der Tat nichts gegen das Geld.
Post by David Dahlberg
Bitte verwechsle nicht Anarcho-Syndikalismus mit Anarchie per se.
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
unter anderem die Existenz apriorischen Wissens. Wie bringst du das
mit Anarchismus in Zusammenhang?
Auch die Anarchie setzt einen Rattenschwanz von Axiomen voraus. Jede
Anarchie hat Tauschwerte durch die Rohstoffe und die Arbeitskraft.
Das apriorische Wissen ist vorhanden, doch die Bildung ist in einer
Anarchie in einer anderen Weise gefährdet als in einem Zentralismus.
Post by David Dahlberg
Gerüchteweise glauben die meisten Anarchisten nicht an Länder ;-)
Oh, Anarchie kann aber durchaus sehr kapitalistisch aussehen.
Genaugenommen liegen Liberalismus (bzw. Libertarismus) und Anarchie
gar nicht so weit auseinander. Du verwechselst das wahrscheinlich
nur mit dem der populären Theorie führender Wirtschaftsmenschen --
Der Kapitalismus ist eine Tatsache. Überwunden werden können
idealerweise nur das Geld und die Lohnabhängigkeit.
Post by David Dahlberg
Wir wollen den Staat da, wo er uns bezahlt, beschützt, absichert und
als Zentralorgan unsere Interessen (durch Zwang auf andere) ausüben
kann, da wo WIR durch ihn eingeschränkt werden und zahlen sollen,
soll er sich aber gefälligst raushalten.
Die Aufassung von dem Staat als Gebilde ist mittlerweile
instrumentalisiert von einem Profitdenken dominiert. Es geht nur noch
darum, dass der Stärkere auch derjenige ist, welcher von dem Staat
profitiert. Damit ist der Rechtsstaat in seiner Grundidee am Ende.
Post by David Dahlberg
Wer sollte denn bitteschön wen zensieren?
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
X-Post&F'up2dasa, weil dort besser aufgehoben.
David
Zensieren tun die Gegner von etwas zu Zensierendem. Gegen Geld ist
jedoch das Unterlassen von Zensur möglich. Gegen Geld ist auch eine
ungerechtfertigte Zensur möglich.

MfG

Wolfgang
David Dahlberg
2004-11-17 16:33:37 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Schindler
Die Anarchisten wollen eine antikapitalitische, aber keine
zentralistische Gesellschaft.
Nicht umbedingt. Kapitalismus, Planwirtschaft oder ganz was anderes
sind Wirtschaftssysteme und haben als solche nur mittelbar etwas mit
politischen Forderungen zu tun. Entsprechend gibt es auch
anarchistische Vertreter der unterschiedlich Richtungen.

Anderes Beispiel: Die Verfassung der BRD schreibt uns übrigens
mitnichten eine Marktwirtschaft vor.
Post by Wolfgang Schindler
Ich selbst differenziere in der Frage
nach einem Zentralismus. Gibt zentralistisch ein soziales System den
notwendigen Halt und die Grundversorgung, geht das in Ordnung. Doch
Das müssen sie übrigens auch, sind sie doch schließlich nichts als
Gedankengespinste, die sich in Wohlgefallen auflösen würden, glaubte
keiner mehr daran.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
Auch die Anarchie setzt einen Rattenschwanz von Axiomen voraus.
Als da wären? Anarchie setzt (je nach Autor mehr oder minder) das
Fehlen von Regierung voraus. Darunter kannst du dir aber ein
axiomatisches System deiner Wahl zusammenbauen.
Post by Wolfgang Schindler
Jede
Anarchie hat Tauschwerte durch die Rohstoffe und die Arbeitskraft.
... oder Geld.
Post by Wolfgang Schindler
Das apriorische Wissen ist vorhanden, doch die Bildung ist in einer
Anarchie in einer anderen Weise gefährdet als in einem Zentralismus.
Äh, du weißt aber was apriorisches Wissen ist?
Post by Wolfgang Schindler
Der Kapitalismus ist eine Tatsache. Überwunden werden können
idealerweise nur das Geld und die Lohnabhängigkeit.
So man denn ersteres überhaupt will. Wirtschaften ohne eine Art von
allgemein konvertierbarem Zahlungsmittel (Geld) stelle ich mir in
der Tat äußerst schwierig vor.
Wohl sind aber verschiedene Arten von (konkurrierendem) Geld
vorstellen.

siehe z.B. auch <http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16514/1.html>
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
Zensieren tun die Gegner von etwas zu Zensierendem. Gegen Geld ist
jedoch das Unterlassen von Zensur möglich. Gegen Geld ist auch eine
ungerechtfertigte Zensur möglich.
Worauf ich hinauswollte: Zensur auch gegen Geld ist aber nur
möglich, insofern die Zensur selbst möglich ist. Zensieren kann aber
nur ein Machthabender -ein Potentat- und Ziel der Anarchie ja gerade
die Überwindung solcher Herrschaft.

Followup2 de.alt.soc.anarchie neu gesetzt, bitte beachten.
David
Wolfgang Schindler
2004-11-18 13:28:31 UTC
Permalink
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Die Anarchisten wollen eine antikapitalitische, aber keine
zentralistische Gesellschaft.
Nicht umbedingt. Kapitalismus, Planwirtschaft oder ganz was anderes
sind Wirtschaftssysteme und haben als solche nur mittelbar etwas mit
politischen Forderungen zu tun. Entsprechend gibt es auch
anarchistische Vertreter der unterschiedlich Richtungen.
Anderes Beispiel: Die Verfassung der BRD schreibt uns übrigens
mitnichten eine Marktwirtschaft vor.
Der EU-Konvent schreibt konkret die offene Marktwirtschaft vor, ohne
irgendjemandem klarzumachen, worauf die Regierungen sich da einlassen.
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Ich selbst differenziere in der Frage
nach einem Zentralismus. Gibt zentralistisch ein soziales System den
notwendigen Halt und die Grundversorgung, geht das in Ordnung. Doch
Das müssen sie übrigens auch, sind sie doch schließlich nichts als
Gedankengespinste, die sich in Wohlgefallen auflösen würden, glaubte
keiner mehr daran.
Hast Du schon einemal das Wort "Glauben" mit folgenden Begriffen
verknüpft: Bundeskanzler, Weihnachtsmann, frei geheime Wahlen, Recht
auf politische Bildung, Glaubens- und Meinungsfreiheit.
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
Auch die Anarchie setzt einen Rattenschwanz von Axiomen voraus.
Als da wären? Anarchie setzt (je nach Autor mehr oder minder) das
Fehlen von Regierung voraus. Darunter kannst du dir aber ein
axiomatisches System deiner Wahl zusammenbauen.
Anarchie wird gerade getestet unter dem Namen "Groups".
Wissenschaftliche Reden und sozialkritischen Essays sind meistens gut
gemeint. Auch die BRD ist eigentlich gut gemeint. Der Bundeskanzler
wie auch Hartmund Mehdorn meinen es gut mit uns. Wohin wird die
Gesellschaft sich entwickeln, wenn alle diesjenigen diesen Staat
gestalten, welche es gut mit uns meinen. In gewisser Weise ist das
auch Realität. Auch die Anarchisten sind geprägt von Menschen, welche
es mit den Mitmenschen gut meinen. Im Studium nennen wir das Gemeinte
"Implikation". Man unterstellt jemandem eine Aussage, welche zwar
nicht gemacht wurde, aber man denkt eine Meinung zu erkennen.
Politiker werden immer erfolgreicher, je weniger man erkennen was der
"Gute" eigentlich meint und will.
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Jede
Anarchie hat Tauschwerte durch die Rohstoffe und die Arbeitskraft.
... oder Geld.
Geht bei Anarchisten auch nur irgendetwas ohne Geld?
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Das apriorische Wissen ist vorhanden, doch die Bildung ist in einer
Anarchie in einer anderen Weise gefährdet als in einem Zentralismus.
Äh, du weißt aber was apriorisches Wissen ist?
Apriori hat zwei verschiedene Defintionen. In der Geisteswissenschaft
hat es einen naturwissenschafltichen Bezug zu dem tierischen
Instinktverhalten. In der Sozialwissenschaft wird dies schwieriger.
Sahra Wagenknecht gebraucht dieses Wort in fast jedem Absatz.
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Der Kapitalismus ist eine Tatsache. Überwunden werden können
idealerweise nur das Geld und die Lohnabhängigkeit.
So man denn ersteres überhaupt will. Wirtschaften ohne eine Art von
allgemein konvertierbarem Zahlungsmittel (Geld) stelle ich mir in
der Tat äußerst schwierig vor.
Wohl sind aber verschiedene Arten von (konkurrierendem) Geld
vorstellen.
siehe z.B. auch <http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16514/1.html>
Heise ist sehr kritisch und hat Niveau. Doch Heise hat auch
kommerzielle Methoden, seine Zielgruppen zu erreichen und
Werbeeinnahmen wie auch Sponsoring einzufahren.
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
Zensieren tun die Gegner von etwas zu Zensierendem. Gegen Geld ist
jedoch das Unterlassen von Zensur möglich. Gegen Geld ist auch eine
ungerechtfertigte Zensur möglich.
Worauf ich hinauswollte: Zensur auch gegen Geld ist aber nur
möglich, insofern die Zensur selbst möglich ist. Zensieren kann aber
nur ein Machthabender -ein Potentat- und Ziel der Anarchie ja gerade
die Überwindung solcher Herrschaft.
Anarchie ist etwas Sozialwissenschafltiches. Einen fähigen
Psychologen erkennst an einer Form des Beukottes: man streicht das
Wort Psychose aus seinem Vokabular und verabreicht keine Neuroleptika.
Der Beukott der Anarchisten besteht in der Ablehnung eines konkreten
Machthabers. Dieser Begriff wurde ausgedehnt darauf, auch eine
Regierung auf Legislaturperiode abzulehnen. Hierin will die Anarchie
wesentlich mehr als die "Demokraten".
Post by David Dahlberg
Followup2 de.alt.soc.anarchie neu gesetzt, bitte beachten.
David
Werde dran denken.

MfG

Wolfgang
Yonathan
2004-11-29 13:33:34 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Die Anarchisten wollen eine antikapitalitische, aber keine
zentralistische Gesellschaft.
Nicht umbedingt. Kapitalismus, Planwirtschaft oder ganz was anderes
sind Wirtschaftssysteme und haben als solche nur mittelbar etwas mit
politischen Forderungen zu tun. Entsprechend gibt es auch
anarchistische Vertreter der unterschiedlich Richtungen.
Anderes Beispiel: Die Verfassung der BRD schreibt uns übrigens
mitnichten eine Marktwirtschaft vor.
Der EU-Konvent schreibt konkret die offene Marktwirtschaft vor, ohne
irgendjemandem klarzumachen, worauf die Regierungen sich da einlassen.
Die offene Marktwirtschaft eine Liberalisierung und sicherlich auch
die Privatisierung der öffentlichen Versorgung vor.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Ich selbst differenziere in der Frage
nach einem Zentralismus. Gibt zentralistisch ein soziales System den
notwendigen Halt und die Grundversorgung, geht das in Ordnung. Doch
Das müssen sie übrigens auch, sind sie doch schließlich nichts als
Gedankengespinste, die sich in Wohlgefallen auflösen würden, glaubte
keiner mehr daran.
Hast Du schon einemal das Wort "Glauben" mit folgenden Begriffen
verknüpft: Bundeskanzler, Weihnachtsmann, frei geheime Wahlen, Recht
auf politische Bildung, Glaubens- und Meinungsfreiheit.
Der Bundeskanzler hält sich selbst für den Weihnachtsmann. Der
nächste Wahlkampf erlaubt es nur Gerhard Schröder, den Weihnachtsmann
zu spielen, nicht jedoch Angela Merkel oder Edmund Stoiber.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
Auch die Anarchie setzt einen Rattenschwanz von Axiomen voraus.
Als da wären? Anarchie setzt (je nach Autor mehr oder minder) das
Fehlen von Regierung voraus. Darunter kannst du dir aber ein
axiomatisches System deiner Wahl zusammenbauen.
Anarchie wird gerade getestet unter dem Namen "Groups".
Wissenschaftliche Reden und sozialkritischen Essays sind meistens gut
gemeint. Auch die BRD ist eigentlich gut gemeint. Der Bundeskanzler
wie auch Hartmund Mehdorn meinen es gut mit uns. Wohin wird die
Gesellschaft sich entwickeln, wenn alle diesjenigen diesen Staat
gestalten, welche es gut mit uns meinen. In gewisser Weise ist das
auch Realität. Auch die Anarchisten sind geprägt von Menschen, welche
es mit den Mitmenschen gut meinen. Im Studium nennen wir das Gemeinte
"Implikation". Man unterstellt jemandem eine Aussage, welche zwar
nicht gemacht wurde, aber man denkt eine Meinung zu erkennen.
Politiker werden immer erfolgreicher, je weniger man erkennen kann, was der
"Gute" eigentlich meint und will.
Der "Gute" ist derjenigen, welcher die Taten seinen Worten folgen
lassen solle. Dies gelte derzeit nur noch für den Weihnachtsmann.
Viele Pädagogen halten es für richtig, den Kindern so lange, wie
möglich, den Glauben an den Weihnachtsmann zu bewahren.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Jede
Anarchie hat Tauschwerte durch die Rohstoffe und die Arbeitskraft.
... oder Geld.
Geht bei den Anarchisten auch nur irgendetwas ohne Geld?
Nein. Alle Anarchisten leben in einem System mit wenigstens
vorhandenem Restkapitalismus.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Das apriorische Wissen ist vorhanden, doch die Bildung ist in einer
Anarchie in einer anderen Weise gefährdet als in einem Zentralismus.
Äh, du weißt aber was apriorisches Wissen ist?
Apriori hat zwei verschiedene Defintionen. In der Geisteswissenschaft
hat es einen naturwissenschafltichen Bezug zu dem tierischen
Instinktverhalten. In der Sozialwissenschaft wird dies schwieriger.
Sahra Wagenknecht gebraucht dieses Wort in fast jedem Absatz.
A priori sind in der Biologie die tierische Instinkte. Man gebraucht
diese für ein warmes Nest, was zu essen und sich zu verteidigen.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Der Kapitalismus ist eine Tatsache. Überwunden werden können
idealerweise nur das Geld und die Lohnabhängigkeit.
So man denn ersteres überhaupt will. Wirtschaften ohne eine Art von
allgemein konvertierbarem Zahlungsmittel (Geld) stelle ich mir in
der Tat äußerst schwierig vor.
Wohl sind aber verschiedene Arten von (konkurrierendem) Geld
vorstellen.
siehe z.B. auch <http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16514/1.html>
Heise ist sehr kritisch und hat Niveau. Doch Heise hat auch
kommerzielle Methoden, seine Zielgruppen zu erreichen und
Werbeeinnahmen wie auch Sponsoring einzufahren.
Sicherlich ist der Pressedienst von Heise und Telepolis eine Recherche
wert. Der Dienst ist kostenlos, aber kostenaufwendig.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
Zensieren tun die Gegner von etwas zu Zensierendem. Gegen Geld ist
jedoch das Unterlassen von Zensur möglich. Gegen Geld ist auch eine
ungerechtfertigte Zensur möglich.
Worauf ich hinauswollte: Zensur auch gegen Geld ist aber nur
möglich, insofern die Zensur selbst möglich ist. Zensieren kann aber
nur ein Machthabender -ein Potentat- und Ziel der Anarchie ja gerade
die Überwindung solcher Herrschaft.
Anarchie ist etwas Sozialwissenschafltiches. Einen fähigen
Psychologen erkennst Du an einer Form des Beukottes: man streicht das
Wort Psychose aus seinem Vokabular und verabreicht keine Neuroleptika.
Der Beukott der Anarchisten besteht in der Ablehnung eines konkreten
Machthabers. Dieser Begriff wurde ausgedehnt darauf, auch eine
Regierung auf Legislaturperiode abzulehnen. Hierin will die Anarchie
wesentlich mehr als die "Demokraten".
Die Anarchisten sind etwas anderes als die Demokraten. Anarchisten
wollen einen Zustand verändern, welcher den Menschen kollektiv nicht
paßt. Anarchisten haben auch eine Anlehnung an die
antikapitalistische Gesellschaft.
Wolfgang Schindler
2004-11-30 13:04:49 UTC
Permalink
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Die Anarchisten wollen eine antikapitalitische, aber keine
zentralistische Gesellschaft.
Nicht umbedingt. Kapitalismus, Planwirtschaft oder ganz was anderes
sind Wirtschaftssysteme und haben als solche nur mittelbar etwas mit
politischen Forderungen zu tun. Entsprechend gibt es auch
anarchistische Vertreter der unterschiedlich Richtungen.
Anderes Beispiel: Die Verfassung der BRD schreibt uns übrigens
mitnichten eine Marktwirtschaft vor.
Der EU-Konvent schreibt konkret die offene Marktwirtschaft vor, ohne
irgendjemandem klarzumachen, worauf die Regierungen sich da einlassen.
Die offene Marktwirtschaft eine Liberalisierung und sicherlich auch
die Privatisierung der öffentlichen Versorgung vor.
Ich denke, wir stoßen nun an die Grenze unserer sozialen Prinzipien.
Die Anarchie muss sich die Frage stellen, ob diese im Gegensatz zu
einem neobliberalen System die soziale Frage gelöst bekomme.
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Ich selbst differenziere in der Frage
nach einem Zentralismus. Gibt zentralistisch ein soziales System den
notwendigen Halt und die Grundversorgung, geht das in Ordnung. Doch
Das müssen sie übrigens auch, sind sie doch schließlich nichts als
Gedankengespinste, die sich in Wohlgefallen auflösen würden, glaubte
keiner mehr daran.
Hast Du schon einemal das Wort "Glauben" mit folgenden Begriffen
verknüpft: Bundeskanzler, Weihnachtsmann, frei geheime Wahlen, Recht
auf politische Bildung, Glaubens- und Meinungsfreiheit.
Der Bundeskanzler hält sich selbst für den Weihnachtsmann. Der
nächste Wahlkampf erlaubt es nur Gerhard Schröder, den Weihnachtsmann
zu spielen, nicht jedoch Angela Merkel oder Edmund Stoiber.
Gerhard Schröder passt in das Kostüm des Weihnachtsmanns. Angela
Merkel und Edmund Stoiber gibt am Besten eine gemeinsame Talkshow im
Mittagsprogramm bei RTL. Unter der Woche komme ich mittags nicht zum
Gucken.
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zentralismus setzt einen ganzen Rattenschwanz an Axiomen voraus,
Auch die Anarchie setzt einen Rattenschwanz von Axiomen voraus.
Als da wären? Anarchie setzt (je nach Autor mehr oder minder) das
Fehlen von Regierung voraus. Darunter kannst du dir aber ein
axiomatisches System deiner Wahl zusammenbauen.
Anarchie wird gerade getestet unter dem Namen "Groups".
Wissenschaftliche Reden und sozialkritischen Essays sind meistens gut
gemeint. Auch die BRD ist eigentlich gut gemeint. Der Bundeskanzler
wie auch Hartmund Mehdorn meinen es gut mit uns. Wohin wird die
Gesellschaft sich entwickeln, wenn alle diesjenigen diesen Staat
gestalten, welche es gut mit uns meinen. In gewisser Weise ist das
auch Realität. Auch die Anarchisten sind geprägt von Menschen, welche
es mit den Mitmenschen gut meinen. Im Studium nennen wir das Gemeinte
"Implikation". Man unterstellt jemandem eine Aussage, welche zwar
nicht gemacht wurde, aber man denkt eine Meinung zu erkennen.
Politiker werden immer erfolgreicher, je weniger man erkennen kann, was der
"Gute" eigentlich meint und will.
Der "Gute" ist derjenige, welcher die Taten seinen Worten folgen
lassen solle. Dies gelte derzeit nur noch für den Weihnachtsmann.
Viele Pädagogen halten es für richtig, den Kindern so lange, wie
möglich, den Glauben an den Weihnachtsmann zu bewahren.
Sinnvoll! Die Kinder sollen doch zu braven Staatsbürgern erzogen
werden.
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Jede
Anarchie hat Tauschwerte durch die Rohstoffe und die Arbeitskraft.
... oder Geld.
Geht bei den Anarchisten auch nur irgendetwas ohne Geld?
Nein. Alle Anarchisten leben in einem System mit wenigstens
vorhandenem Restkapitalismus.
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Das apriorische Wissen ist vorhanden, doch die Bildung ist in einer
Anarchie in einer anderen Weise gefährdet als in einem Zentralismus.
Äh, du weißt aber was apriorisches Wissen ist?
Apriori hat zwei verschiedene Defintionen. In der Geisteswissenschaft
hat es einen naturwissenschafltichen Bezug zu dem tierischen
Instinktverhalten. In der Sozialwissenschaft wird dies schwieriger.
Sahra Wagenknecht gebraucht dieses Wort in fast jedem Absatz.
A priori sind in der Biologie die tierische Instinkte. Man gebraucht
diese für ein warmes Nest, was zu essen und sich zu verteidigen.
Ein warmes Nest ist derzeit nur die Schweiz. Bei uns wird es
demnächst kalt.
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Der Kapitalismus ist eine Tatsache. Überwunden werden können
idealerweise nur das Geld und die Lohnabhängigkeit.
So man denn ersteres überhaupt will. Wirtschaften ohne eine Art von
allgemein konvertierbarem Zahlungsmittel (Geld) stelle ich mir in
der Tat äußerst schwierig vor.
Wohl sind aber verschiedene Arten von (konkurrierendem) Geld
vorstellen.
siehe z.B. auch <http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16514/1.html>
Heise ist sehr kritisch und hat Niveau. Doch Heise hat auch
kommerzielle Methoden, seine Zielgruppen zu erreichen und
Werbeeinnahmen wie auch Sponsoring einzufahren.
Sicherlich ist der Pressedienst von Heise und Telepolis eine Recherche
wert. Der Dienst ist kostenlos, aber kostenaufwendig.
Heise ist exzellent informiert über die Überwachung der gesamten
Netzweltkultur. Woher bekommen Heise und Telepolis die Informationen?
Post by Yonathan
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Post by Wolfgang Schindler
Post by David Dahlberg
Zensur ist nur möglich durch angewandte Macht des Einen über den
Anderen. Angewandte Macht ist aber nichts anderes als Herrschaft.
Anarchie ist Nicht-Herrschaft.
Zensieren tun die Gegner von etwas zu Zensierendem. Gegen Geld ist
jedoch das Unterlassen von Zensur möglich. Gegen Geld ist auch eine
ungerechtfertigte Zensur möglich.
Worauf ich hinauswollte: Zensur auch gegen Geld ist aber nur
möglich, insofern die Zensur selbst möglich ist. Zensieren kann aber
nur ein Machthabender -ein Potentat- und Ziel der Anarchie ja gerade
die Überwindung solcher Herrschaft.
Anarchie ist etwas Sozialwissenschafltiches. Einen fähigen
Psychologen erkennst Du an einer Form des Beukottes: man streicht das
Wort Psychose aus seinem Vokabular und verabreicht keine Neuroleptika.
Der Beukott der Anarchisten besteht in der Ablehnung eines konkreten
Machthabers. Dieser Begriff wurde ausgedehnt darauf, auch eine
Regierung auf Legislaturperiode abzulehnen. Hierin will die Anarchie
wesentlich mehr als die "Demokraten".
Die Anarchisten sind etwas anderes als die Demokraten. Anarchisten
wollen einen Zustand verändern, welcher den Menschen kollektiv nicht
paßt. Anarchisten haben auch eine Anlehnung an die antikapitalistische Gesellschaft.
Die Anarchie ist gleich Antikapitalismus. Die Linken unter den
Anarchisten wollen die antikapitalistische Gesellschaft.
Wahrscheinlich ist es ideologisch sinnvoller, erst für ein
sozialistisches System zu kämpfen. Das eigentlich freie System muss
sich in einer antikapitalistischen Gesellschaft von innen heraus
entwickeln.

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